Deaf, dumb & brilliant. Johannes Thopas – Meisterzeichner
Die Frühjahrsausstellung im Suermondt-Ludwig-Museum zeigt einen ganz besonderen Leckerbissen: Zum ersten Mal werden die exquisiten Meisterzeichnungen des gehörlosen Autodidakten Johannes Thopas in einer monografischen Schau präsentiert. In der Ausstellung sind 38 - zum Teil winzige - Porträtzeichnungen auf Pergament und ein Gemälde zu sehen. Sie wird die Aachener Visitenkarte für die TEFAF 2014 sein; im Anschluss geht sie an das Amsterdamer Rembrandthuis. Der 1626 in Arnheim geborene Künstler Johannes Thopas ist nur wenig bekannt, selbst in der Fachwelt. Dabei sind seine feinen und extrem raffinierten, ausschließlich auf Pergament gefertigten Porträts in Tusche und Graphit von ganz außerordentlicher Qualität. Deshalb erfreuten sie sich seit jeher großer Beliebtheit bei Sammlern, die sie, kostbar gerahmt, an ihren heimischen Wänden wie Gemälde vorführten. Thopas stammt aus einer gutsituierten Familie. Seine Mutter heiratete nach dem Tod des Vaters den Bürgermeister der Stadt Emmerich, wo der Künstler mit seinen Geschwistern seine Jugend verbrachte. Aufgrund seiner Behinderung stand er sein Leben lang unter Aufsicht eines Vormunds. Er wohnte und arbeitete in Utrecht, Amsterdam, Haarlem und Assendelft (bei Zaandam), wo er vor 1695 starb. Noch 66 Zeichnungen des Virtuosen sind erhalten, die meisten davon befinden sich in niederländischen Sammlungen. Lediglich eine hat ein mythologisches Thema: Mars, Venus und Amor ist eine gezeichnete Kopie nach einem Gemälde von Cornelis Cornelisz van Haarlem. Bei allen anderen Zeichnungen handelt es sich um Bildnisse. Darüber hinaus hat auch ein einziges Gemälde überdauert: das Bildnis eines Mädchens aus der Haarlemer Familie Van Valkenburg auf dem Totenbett (Mauritshuis, Den Haag). Die wichtigsten Werke Thopas‘ stammen aus seiner Zeit in Haarlem, wo er auch Mitglied der Lukasgilde war, bzw. Amsterdam, wo er viele wichtige Patrizier porträtierte. In Haarlem fertigte er auch das Doppelporträt eines Ehepaars, sein Hauptwerk, das sich im Besitz des Suermondt-Ludwig-Museums befindet. Diese Zeichnung und auch der Rahmen sind im Vorfeld der Ausstellung restauriert worden, so dass sie angemessen als Teil der Schau gezeigt werden können. Johannes Thopas hat zweifelsohne Humor gehabt. Das zeigt sich besonders im Doppelbildnis eines Ehepaars aus dem Londoner Victoria & Albert Museum, wo bereits auf den ersten Blick klar wird, wer in der Ehe die Hosen anhat. Aus seiner frühen Zeit in Utrecht (bis ca. 1655) stammen vor allem kleine, extrem verfeinerte Porträts, wie zum Beispiel das 1646 datierte Doppelbildnis eines unbekannten Ehepaars aus der Fondation Custodia in Paris oder das Porträt eines Doktoranden der Universität Utrecht von 1649. In Amsterdam zeichnete Thopas viele Bildnisse nach lebenden Modellen, aber er bekam auch den Auftrag, eine Porträtserie der mächtigen Familie Bas-Kerckerinck nach älteren, noch in der Familie existierenden Gemälden - etwa von Govaert Flinck oder Jacob Backer - zu zeichnen. Interessant sind auch seine letzten Bildnisse, die in Assendelft und Zaandam entstanden, wo er die letzten Jahre seines Lebens verbracht hat. Sie zeigen einfache Dorfbewohner, deutlich weniger chic gekleidet als ihre Zeitgenossen in Haarlem oder Amsterdam. Die Leihgaben kommen aus vielen renommierten musealen Sammlungen, etwa der Fondation Custodia in Paris, den Königlichen Museen in Brüssel, dem Rijksmuseum in Amsterdam, dem Mauritshuis in Den Haag, der Albertina in Wien, dem Städel in Frankfurt, den Staatlichen Graphischen Sammlungen in München, aus dem Victoria & Albert Museum in London, dem Teylers Museum in Haarlem, den graphischen Sammlungen der Universitäten in Leiden und London, aber auch von der Six Stiftung in Amsterdam oder aus privaten Sammlungen in Kanada, den Vereinigten Staaten, England und den Niederlanden. Die Ausstellung und der Katalog werden mit vorbereitet von Prof. Dr. Rudolf E.O. Ekkart, ehemaliger Direktor des Rijksbureau voor Kunsthistorische Documentatie in Den Haag und einer der weltweit wichtigsten Spezialisten für niederländische Porträtmalerei des 16. und 17. Jahrhunderts. Eröffnet wird die Ausstellung von Dr. Emilie Gordenker, Direktorin des Haager Mauritshuis‘. (Text von Peter van den Brink, Direktor Museen der Stadt Aachen). (Quelle: Pressemappe/Pressemitteilung der Stadt Aachen Fachbereich Presse und Marketing v. 11.03.2014) (hr / 12.03.14 - 18:30)